Wer ist Felicie Affolter?
Felice Affolter wurde 1920 in Bern geboren und ist eine Schweizer klinische Psychologin, Gehörlosenlehrerin und Therapeutin.
Frau Affolter arbeitete mit Patienten in der Klinik Valenz. Diese Patienten hatten schwere Hirnschäden und waren an die therapeutischen Grenzen gelangt. Nach intensiver Beobachtung kam sie zu der überraschenden Schlussfolgerung, dass diese Patienten Schwierigkeiten mit dem Spüren hatten.
Als Gehörlosenlehrerin hatte sie Kontakt zu Kindern, die nicht sprechen konnten, jedoch nicht körperlich behindert waren. Sie verglich sie mit gesunden Kindern und stellte fest, dass sie große Probleme beim Berühren und Umfassen von Gegenständen und Materialien hatten. Sie versagten in Alltagssituationen , weil sie zu wenig spürten.
Sie entwickelte ihr Konzept als Schülerin des Entwicklungspsychologen Jean Piaget während jahrelanger Arbeit mit diesen wahrnehmungsgestörten Patienten.
Das Affolter-Konzept wird auch „Geführte Interaktionstherapie“ genannt.
Was kann bei Patienten mit Wahrnehmungsstörungen bei praktischen Aktivitäten beobachtet werden?
- Schwierigkeiten mit der Handlung zu beginnen
- Schwierigkeiten mit einer Handlung fortzufahren oder zu stoppen
- bei der Ausführung von Handlungen wird häufig zu wenig Kraft angewendet
- Handlungen werden zu schnell oder zu langsam durchgeführt
- es besteht oft Unsicherheit, welche Gegenstände für welche Handlung
benutzt werden - es fehlt an Aufmerksamkeit
- der Muskeltonus ist zu hoch oder zu niedrig
- Probleme in der Zeiteinteilung oder beim Abschätzen von Distanzen
- Gedächtnisprobleme
Handlungsabläufe, die von Patienten mit Wahrnehmungsproblemen nicht ausführbar sind, werden gemeinsam mit dem Therapeuten ausgeführt. Dadurch werden alltägliche Handlungsabläufe wieder erfahren, begriffen, spürbar, vertrauter, selbständiges Handeln wird möglich und ein Lernprozess beginnt. Durch diese geführten Interaktionserfahrungen werden motorische, kognitive und emotionale Leistungen gefördert.
Was bedeutet Führen?
Durch gezieltes Führen an Händen und Körper kann während alltäglichen Geschehnissen zur Verbesserung der gespürten Informationssuche beigetragen werden. Führen bedeutet, dass eine andere Person (Therapeut, Angehörige, Pflegepersonal etc.) mit dem Körper des Patienten die Handlungen so ausführt, dass gemeinsam Beziehungen zwischen Patient und Umwelt hergestellt werden. Das Arbeiten nach Affolter gehört mittlerweile zu den wichtigsten therapeutischen Ansätzen in der Arbeit mit schwer wahrnehmungsgestörten Patienten.